Oftmals enthalten Leistungsverzeichnisse Forderungen, die den normativen Vorgaben widersprechen oder in sich unschlüssig scheinen. Insbesondere im Bereich des Kanalbaus und der Abscheidetechnik legen die normativen Regelungen nicht nur technische Vorgaben fest, sondern berücksichtigen ebenfalls Aspekte der Arbeitssicherheit zur Sicherstellung der Unversehrtheit von Leib und Leben.
Eine häufig an die GET gestelltes und teilweise auch kontrovers diskutiertes Thema sind fest installierte Steighilfen in Probenahmeschächten hinter Abscheideranlagen, wobei selbige auch nicht selten in vorgeschalteten Revisionsschächten gefordert werden. Vor sowie in der Abscheideranlage entsteht das größte Risiko durch die hohe Wahrscheinlichkeit einer explosionsfähigen Atmosphäre. Im Probenahmeschacht – abhängig von Lage und Einbautiefe – entstehen Risiken durch Kanalgase. Die geltenden Vorschriften streben in beiden Fällen eine Minimierung des Gefahrenpotentials an.
In diesem Spannungsfeld will die Gütegemeinschaft Entwässerungstechnik e.V. (GET) mit Hilfe einer differenzierten Betrachtung möglicher Ausführungsvarianten Hilfestellung geben.
Grundlagen
Einleitend finden Sie im Folgenden Auszüge aus den für Abscheideranlagen relevanten europäischen und nationalen/deutschen Regelwerken, welche zur Festlegung der Begrifflichkeiten maßgebend sind:
1. DIN EN 858-1, 3.2 Abscheideranlage:
„Anlage, die einen Abscheider (Klasse I, Klasse II), einen Schlammfang und eine Probenahmestelle einschließt.“
2. DIN EN 858-2, 4.2.1 Allgemeines:
Tabelle: Komponenten von Abscheideranlagen
Komponenten | Zeichen |
Schlammfang | S |
Abscheider Klasse II | II, II b (Abscheider mit Bypass) |
Abscheider Klasse I | I, I b (Abscheider mit Bypass) |
Probenahmeschacht | P |
3. DIN 1999-100, 5.2.2, m):
„Steigeisen bzw. andere Steigvorrichtungen dürfen in Abscheideranlagen nicht eingebaut werden. Im Bedarfsfall sind ortsbewegliche Steighilfen zu verwenden.
Das bedeutet grundsätzlich: Per definitionem sind Probenahmeschächte gem. 1. und 2. eine Komponente bzw. ein Teil der Abscheideranlage.
Folglich gilt hierfür auch 3. DIN 1999-100, 5.2.2, m).
Differenzierte Betrachtung der GET
Fall 1: Frei zugängliche Grundstücke
Hierzu zählen u.a. Tankstellen, Waschplätze und jeder Standort ohne Aufsicht, welche durch unbefugte bzw. ungeschulte Personen jederzeit betreten werden können. Diese Anlagen erfordern erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, um einen unrechtmäßigen Schachteinstieg zu verhindern und daraus folgende Gefahren für Leib und Leben vorzubeugen.
Fall 2: Bewachte/gesicherte Grundstücke
Hierzu zählen Liegenschaften, die durch Unbefugte nicht ohne weiteres betreten werden können, z.B. Raffinerien, Flugplätze, Industrieanlagen etc. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Personal über die Grundlagen der Gefahren sachkundig ist - ein Zutritt durch unbefugte/unkundige Personen ist damit sehr unwahrscheinlich.
In diesem Fall können Abweichungen von den grundsätzlichen Regelungen im Einzelfall in Betracht gezogen werden, um z.B. eine bessere und sicherere Zugänglichkeit bei Kontrollen, Wartungen und Reinigungen sehr großer Anlagen zu ermöglichen, auch wenn dies normativ im Regelfall nicht vorgesehen ist.
Fazit
Die Betrachtung der GET zeigt, dass das größere Gefahrenpotenzial eindeutig von öffentlich zugänglichen Grundstücken ausgeht. Hier ist die normative Forderung einzuhalten.
Da Probenahmeschächte in Entwässerungssystemen auch gleichzeitig die Rolle von Inspektions- oder Lüftungsschächten einnehmen, kann insbesondere bei großen Anlagen, die oft im Bereich der Industrie vorzufinden sind, ein Einstieg unvermeidbar sein. Jedoch sind hier die Liegenschaften oftmals nicht frei zugänglich, weshalb ein Einsteigen im Grunde nur durch geschultes und auf die Gefahren sensibilisiertes Personal stattfindet.
Bei Hinweis und Beachtung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen beim Einstieg sollten hier feste Einstiegshilfen, wie z.B. Leitern gem. DIN EN 14396 auch im Bereich der Abscheideranlagen installiert werden können.
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Redaktion:
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